Der Schriftsetzer, die Schriftsetzerin
Ah, der Schriftsetzer! Die weibliche Form gab’s nicht, man war unter Männern. Einst ein wahrer Held des Buchdrucks, heute fast schon eine sagenhafte Gestalt. Man stelle sich vor: In einer Zeit, bevor Computer und moderne Textverarbeitungsprogramme die Herrschaft übernahmen, setzte der Schriftsetzer in der Setzerei die Texte für den Druck aus einzelnen Lettern zusammen. Buchstabe für Buchstabe, Punkt für Punkt – entweder von Hand mit dem legendären Winkelhaken im Handsatz oder mit einer Setzmaschine im Maschinensatz.
Der Schriftsetzer war nicht nur irgendein Handwerker, nein, er war der wahre Architekt der Worte. Da stand er, umgeben von einem Meer aus Lettern, die sich nur allzu gerne in den falschen Reihen versteckten. Aber der Schriftsetzer ließ sich nicht beirren. Mit scharfem Auge und ruhiger Hand setzte er die Buchstaben millimetergenau an ihren Platz. Und wenn er nicht gerade Buchstaben sortierte, träumte er vielleicht davon, wie cool es wäre, wenn diese Lettern endlich aufhören würden, immer auf den Boden zu fallen.
Besonders stolz waren die Schriftsetzer, die auch den Buchdruck beherrschten – die Schweizerdegen der Druckkunst. Diese Alleskönner waren in der Setzerei und im Druck gleichermaßen zu Hause. Wenn sie einen Text in die Setzmaschine jagten, wusste man: Das Ergebnis würde perfekt sein. Keine Pixel, kein Mausgeklicke, nur pure Handwerkskunst.
Doch dann kam die Zeit der Veränderung. Der Fotosatz zog ein, und schließlich übernahmen Textverarbeitungsprogramme und DTP (Desktop Publishing) das Ruder. Der Schriftsetzer musste zusehen, wie sein geliebtes Handwerk von der modernen Technik überrollt wurde. Die Lettern wurden durch digitale Zeichen ersetzt, und der Winkelhaken wanderte in den Ruhestand.
Heute ist der Schriftsetzer ein Relikt aus einer vergangenen Epoche (ich bin ein Dinosaurier), aber immer noch ein Symbol für eine Zeit, in der jedes Wort, jeder Buchstabe, mit Hingabe und Präzision gesetzt wurde. Wer weiß, vielleicht erlebt der Beruf ja ein Comeback, wenn Retro und Nostalgie die Welt erobern. Bis dahin bleibt der Schriftsetzer der stille Held, der uns daran erinnert, dass auch Buchstaben eine Seele haben.